Sonntag, 21. September 2014

Neustart mit meiner neuen Familie

Wie schon im letzten Post beschrieben, gab es seit meinem Gastfamilienwechsel viele Umzüge und ich wusste längere Zeit nicht, wo ich jetzt so wirklich hingehöre. Nachdem sich die Familie, zu der ich eigentlich sollte, nicht mehr zurückgemeldet hat, hat sich meine jetzige Familie, bei der ich jetzt schon über eine Woche lebe, dazu entschlossen, mich das ganze restliche Jahr auf zu nehmen.

Für mich war dieser Wechsel wie ein zweiter Kulturschock, von der brasilianischen Mittelschicht zu den Superlativen. Das klingt jetzt hart, hat sich in den ersten Tagen für mich aber ein bisschen so angefühlt, weil ich die sozialen Unterschiede in Brasilien auf beiden Seiten erlebt habe.
Jetzt wohne ich in einem großen Haus zusammen mit meinen beiden Gasteltern, deren einer Sohn in den USA studiert und der andere ist 3 Tage bevor ich hier hier gekommen bin, für ein Auslandsjahr nach Deutschland geflogen. Im Garten wohnt auch noch ein Hund, ein Dobermann, vor dem ich anfangs etwas Angst hatte aber ich glaube wir werden gute Freunde. Meine Gasteltern sind unglaublich nett, reden sehr viel mit mir auf Portugiesisch, was mir sehr hilft die Sprache schneller zu lernen und unternehmen viel mit mir, wenn sie Zeit haben. Dieser Familiäre Umgang, hatte mir in meiner alten Familie sehr gefehlt und ich bin froh, dass hier wieder alle gemeinsam zum Essen am Tisch sitzen oder einfach Gespräche über belanglose Themen geführt werden und vor allem, dass mir endlich erlaubt wird meine Freunde zu treffen. Gleich am ersten Tag, meinte mein Gastvater zu mir, dass ich meine Freunde einladen oder zu ihnen gehen kann, wann ich möchte, worüber ich unglaublich froh war. Solche Freiheiten lerne ich erst jetzt richtig zu schätzen, nachdem man es mir einen ganzen Monat verboten hatte.

Mein Wochenende; Freunde, Familie und Salvador 

Damit euch auch meine neusten Erlebnisse nicht verborgen bleiben, will ich euch noch kurz von meinen ersten beiden Wochenenden mit meiner neuen Familie erzählen.

Nachdem ich Samstag lange ausschlafen konnte, wurde ich vormittags von meiner Freundin und ihren Eltern abgeholt und wir fuhren zusammen zu ihrer Schwester, deren Sohn an diesem Tag ein Monat alt wurde. Das wurde natürlich mit der ganzen Familie gefeiert.
Als ich Abends zurück kam saßen schon alle Freundinnen meiner Gastmutter im Garten und aßen Kuchen und andere brasilianische Köstlichkeiten.



Am nächsten Morgen gingen wir zum Strand joggen. Unter Palmen und mit dem Blick auf das Meer, macht das auch gleich viel mehr Spaß. Ich glaube, dass mache ich jetzt jedes Wochenende. Wenn man schon so nah am Strand wohnt, muss man das natürlich auch ausnutzen.
Später sind wir dann nach Salvador gefahren, nachdem ich mir das schon so lange gewünscht hatte ein bisschen mehr von der Stadt zu sehen. So richtig im Zentrum der Stadt war ich zwar noch nicht, aber ich konnte schon einmal ein paar erste Eindrücke gewinnen. Und war mir dort auf dem Weg dort hin besonders aufgefallen ist, waren die Favelas (Slums von Brasilien). Auf der einen Seite sieht man noch die Wolkenkratzer und riesige Appartements und gleich daneben sind kleine, dicht aneinander stehende, selbstgebaute Häuser aus Ziegelsteinen und Wellblechen. Mich schockt dieses Bild immer sehr, denn Armut bekommt in Brasilien eine ganz andere Bedeutung, als man es aus Deutschland kennt. Genauso merkwürdig fühlte es sich an, als ich mit meiner Familie in einem Restaurant essen war. Beim Essen hatten wir den wunderschönen Blick auf das Meer, sobald man wieder aus dem Restaurant war, sah man Favelas...
Bevor es wieder nach Hause ging haben wir noch bei dem "weltberühmten", wie meine Gasteltern meinten, Eisladen Sorverteria da Riberia einen Zwischenstopp eingelegt.



 Diesen Samstag habe ich mich mit einer Freundin zum Shoppen verabredet, damit ich auf meiner To-do-Liste auch endlich den Punkt 'Shoppen in Salvador' abhaken kann. Den Tag haben wir also dann damit verbracht durch das größte Shopping Center in ganz Südamerika zu laufen. Es war so groß, dass ich mich allein sicher verlaufen hätte. 
Auch die brasilianische Mode ist etwas anders. Die Brasilianer tragen gern Farbe und so manche Kombinationen finde ich schon sehr gewagt. Genauso zeigt man hier gerne Haut, egal in welchem Körper man steckt. Auch keine Speckrollen hindern die Frauen daran ein Brauchfreies Shirt an zuziehen oder sich in enge Klamotten zu quetschen.
Nach diesem Tag taten mir ordentlich die Füße weh und mit leeren Taschen bin ich natürlich auch nicht nach Hause gekommen.



Die Brasilianer feiern gerne! Und deswegen war ich Sonntag erst beim Geburtstag einer Freundin meiner Gasteltern. Sie hat Verwandtschaft aus Deutschland, die extra angereist ist und ich habe natürlich die Chance genutzt um endlich mal wieder Deutsch zu reden. Es war anfangs fast ungewohnt, weil ich hier sonst nur Englisch und Portugiesisch rede. 
Nachmittags ging es dann auf das nächste Fest, dass wie mir erzählt wurde ein spirituelles Kinderfest war und etwas mit der afroamerikanischen und bahianischen Kultur zu tun hatte, weswegen auch alle etwas weißes an hatten. Zwei Erwachsene haben sich dabei als Kinder mit einem traditionellen Kostüm verkleidet und es gab jede Menge Süßigkeiten und Essen, welches aus der Sklavenzeit stammt (also nicht das Essen, sondern das Rezept ;) ).



Bis zum nächsten Mal

Alles Liebe
Lena

Dienstag, 9. September 2014

Nach einem Monat alles zurück auf Anfang

Bei mir ist letztes Wochenende genau das passiert, was man sich als Austauschschüler nie wünscht, der Wechsel der Gastfamilie. Seit Freitag bin ich nicht mehr bei meiner alten Familie und will versuchen euch kurz zu erzählen warum. Mit diesem Post möchte ich die Familie auf keinen Fall schlecht machen, sondern will nur, dass ihr nachvollziehen könnt, weshalb ich nicht dort bleiben wollte.

Nach der anfänglichen Euphorie über alles Neue kehrt doch irgendwann der Alltag ein, mit dem ich überhaupt nicht zurecht kam. Meine Gastmutter arbeitete außerhalb und kam deswegen nur am Wochenende mal nachhause, meine Gastschwester war die meiste Zeit an ihrem College, wo sie studiert und so war ich nach der Schule (ab ca. 13 Uhr) Zuhause zusammen mit meiner Tante und meinem Cousin in dem Haus. Der Fernseher war von früh bis spät an, genauso wie die zwei Computer, von denn einer in meinem Zimmer stand, sodass ich selbst wenn ich in meinem Zimmer war den leuchtenden Bildschirmen nicht entkommen oder allein sein konnte. Unternehmungen unter der Woche gab es nie, was eigentlich auch nicht so schlimm gewesen wäre. Ich verlange ja auch kein Entertainment-Programm von der Familie, aber immer wenn ich gefragt habe, ob ich raus gehen kann oder nachmittags oder auch am Wochenende meine Freunde treffen darf, wurde das zu einem riesigen Problem, weil sie der Meinung waren, meine Freunde wären gefährlich für mich. Natürlich habe ich auch gefragt, ob ich hier einem Sportverein beitreten kann, was laut meiner Familie auch nicht möglich war. Und auch im Haus konnte ich mich nicht wirklich wohl fühlen. Der Brasilianische Mittelstand ist absolut nicht mit dem deutschen zu vergleichen.
Den kompletten ersten Monat habe ich fast nur in dem Haus verbracht und es wurde wenig mit mir geredet, weswegen mein Portugiesisch immer noch nicht sonderlich gut ist. So führte es dazu, dass ich immer unglücklicher wurde und ich mich in diesem Haus wie gefangen fühlte, weil ich totale lange Weile hatte. Irgendwann kam ich an den Punkt, dass es nicht das ist, was ich mir unter meinem Auslandsjahr vorgestellt hatte und auch wenn ich die Leute dort gern hatte, musste sich unbedingt etwas ändern.

Nachdem ich am Freitagabend meiner Betreuerin alles erzählt hatte, ging alles ganz schnell und ich musste meine Sachen packen, weil ich am nächsten Tag zu der Familie von dem Amerikaner, der auch in meine Klasse geht, zog. Dort konnte ich nur bis Montag bleiben, also musste schnell eine neue Familie her. Sonntag holte mich dann meine Betreuerin überraschend ab und zusammen fuhren wir zu einer Familie, deren ältere Tochter ein Auslandsjahr in Deutschland gemacht hat, jetzt nicht mehr in dem Haus wohnt und deren Zimmer frei ist. Sie waren sehr sympathisch und nett und hatten auch noch eine weitere Tochter in meinem Alter, welche nächstes Jahr nach Deutschland geht. Am Montag holte ich dann meine letzten Sachen aus dem Haus meiner alten Gastfamilie und danach ging es ziemlich unerwartet zu einer zweiten Familie, die mich aufnehmen würde. Das Haus war wirklich unglaublich und der Mann und deren Frau, die darin leben sehr nett, aber als ich anschließend vor die Entscheidung gestellt wurde, wo ich leben möchte, wählte ich die erste Familie, weil ich dort eine Gastschwester in meinem Alter hätte. Die ganze Sache verkomplizierte sich, als diese Familie nicht zu erreichen war und auch das Telefon nicht abnahm und es für mich dann plötzlich zurück ging, zu dem Mann und der Frau, wo ich auch die letzte Nacht verbracht habe und für die nächste Zeit bleiben werde, bis eine richtige neue Jahresfamilie gefunden wurde. Und ich hoffe sehr, dass ich dieses Mal mehr Glück habe.

Ich hoffe ihr konntet mir soweit folgen, denn die letzten Tage waren sehr anstrengend, verwirrend aber gaben mir auch etwas Hoffnung und Mut, denn so ein Gastfamilienwechsel ist alles andere als einfach, aber für mich war er nötig. Ich glaube dass sind die Momente im Auslandsjahr, bei denen man an seine Grenzen kommt und über sich selbst hinaus wachsen muss. Einem wird bewusst, dass man manchmal sein Glück auch selbst in die Hand nehmen und etwas verändern muss, damit man glücklich wird. Und genau das mache ich jetzt und nutzte meinen Gastfamilienwechsel als Neustart in mein unglaubliches Jahr in Brasilien! Wünscht mir Glück..

Sobald es was Neues gibt, melde ich mich wieder.

Alles Liebe
Lena

Dienstag, 2. September 2014

Segeln auf dem Atlantik

Weil sich die Planung meines letzten Wochenendes kurzfristig änderte, musste ich mich plötzlich zwischen einer Segeltour mit meiner Betreuerin oder das Wochenende Zu hause zu verbringen, entscheiden. Dass Segeln die bessere Wahl war, ist natürlich klar.

So musste ich Samstag morgen zeitig aufstehen und wurde von meiner Betreuerin, ihrem Mann und deren Austauschschüler aus Österreich abgeholt und dann ging mit dem Auto zum Hafen von Maragojipe, der in der Bucht bei Salvador liegt und trafen dort zwei weitere Freunde meiner Betreuerin, denen das Segelschiff gehörte, mit dem wir in See stachen. Der Wind trieb uns vorbei an Salvador, palmenbewachsenen Inseln und unberührten Traumstränden und ich konnte die Zeit nutzen um viel zu fotografieren. Brasiliens Natur ist wirklich wunderschön, das ist mir an diesem Wochenende mal wieder bewusst geworden. Nachdem ich dann 10 Stunden lang auf das Meer geschaut habe und dank gefühlten 100mal eincremen zum Glück auch keinen Sonnenbrand bekommen habe, war ich froh, als wir endlich an unser Ziel kamen. Wir waren dort nicht das einzige Boot, denn dort war ein Jubiläumstreffen, der Segler mit über 1.600 Teilnehmern und das wurde natürlich gefeiert. Nach dem Essen, als die Sonne schon untergegangen war, versuchten die Freunde meiner Betreuerin mit Rufen und einer Taschenlampe einem der kleinen Boote, die die Menschen vom Wasser ans Festland brachten, ein Zeichen zu geben, dass wir mitfahren wollten. Dann saßen wir endlich in der kleinen Bootsschale und jeder versuchte sich nicht zu bewegen, weil wir sonst alle zusammen umgefallen und im Wasser gelandet wären, was bei Nacht noch viel gruseliger ist. So viel Angst vor Wasser und vor allem um mein Handy, was ich fest umklammert in der Hand hielt, hatte ich vorher wohl noch nie. Aber am Ende sind wir doch alle trocken angekommen. Auf dem Fest war viel los, es gab Live-Musik, jede Menge Essen und Straßenhändler, die nicht selten auch Kinder waren. Dort habe ich auch zum ersten Mal die Polizei von Brasilien zu sehen bekommen, die mit Schlagstock und Pistole ausgerüstet waren. Nach einer Weile ging es dann wieder zurück zu unserem Boot, wo wir dann schliefen, denn alle waren ziemlich müde.

Am nächsten Morgen wurde ich auch schon gegen 6 Uhr geweckt. Zu blöd, wenn man mit dem Kopf neben der Küche schlafen muss und jemand um diese Uhrzeit auf die Idee kommt Frühstück zu machen. Nach dem Frühstück, traten wir wieder den Rückweg an und weil es etwas regnete, legte ich mich gleich wieder schlafen und wachte erst gegen Mittag, als die Hälfte der Strecke schon geschafft war wieder auf. Bevor es dann zurück zum Hafen ging, machten wir noch kurz bei einem Restaurant auf einer der Inseln halt. Dort gab es Salada de Siri (einen Salat mit Fisch) und Lobster (Krebs). Das brasilianische Essen begeistert mich immer wieder. 

Als ich dann wieder Zu hause war, war der Tag auch schon fast wieder vorbei und ich ging zeitig ins Bett, denn ich wollte ja Montags nicht in der Schule schlafen - obwohl, stören würde das hier ja auch keinen. 

Alles Liebe
Lena

 
 
Nein, ich habe das Schiff nicht zum Kentern gebracht ;)
Skyline von Salvador